Aus zwei mach eins: Die Feuerwehr hat ein neues Fahrzeug

Amriswil.info | 16.12.2022

Für 500’000 Franken hat die Amriswiler Feuerwehr ein neues Fahrzeug angeschafft. Mit diesem ist der Stützpunkt nicht nur wieder mit der neuesten Technik ausgerüstet, sondern spart auch an Personal.

Seinen ersten Einsatz hatte das neue Fahrzeug am Samstag. Ein Baum war auf die Strasse gestützt und musste zersägt und weggeräumt werden. Ein typischer Einsatz für den neuen Lastwagen. Ein Feuerwehrauto, das nicht löschen kann – dafür aber ganz viel anderes. Obwohl es weder Wasser noch Löschschläuche mit sich führt, kommt das neue Fahrzeug aber auch bei einem Brandfall immer mit. Das Pionierfahrzeug wird für die technische Hilfeleistung bei Einsätzen eingesetzt. Neben umgefallenen Bäumen sind dies zum Beispiel verschmutzte Fahrbahnen, Tierrettungen, Gewässerverschmutzungen, etc. Effektiv mit Feuer hat die Feuerwehr Amriswil ohnehin nur an jeder dritten Aufbietung zu tun. Demnach handelt es sich bei der Neuanschaffung um jenes Fahrzeug, das fast zu jedem Einsatz gefahren wird.

Früher ein Lieferwagen, heute ein Schrank

Zwar gab es bislang noch kein Pionierfahrzeug in der Flotte des Feuerwehrstützpunkts Amriswil, mehr als seine Vorgänger kann es dennoch nicht. Der neue Lastwagen ersetzt das 20 Jahre alte Ölwehrfahrzeug und das 30 Jahre alte Strassenrettungsfahrzeug. Nach Richtwert sollte ein Feuerwehrfahrzeug rund 25 Jahre im Einsatz sein können. Damit wird auch für den kürzlich angeschafften Pionierlastwagen gerechnet. Rund 500’000 Franken hat er inklusive allem Einsatzmaterial gekostet. Davon übernahm rund die Hälfte die Gebäudeversicherung. Auch das Material wurde komplett erneuert. Notwendig war dies, weil auch hier die Technik immer weitere Fortschritte macht. Alles was im neuen Fahrzeug in einem einzigen Schrank verbaut wurde, brauchte früher den Platz eines ganzen Lieferwagens. Allein die Generatoren brauchten früher bei gleicher Leistung deutlich mehr Stauraum als heute.

Ein Fahrzeug für alle Fälle

Anders als in Deutschland dürfen die Schweizer Feuerwehren die Namen der Fahrzeuge selbst bestimmen. Weil es sich hier um eine Zusammenlegung der zwei genannten Fahrzeuge handelt, entschied man sich für «Pionierfahrzeug». Auf diesem wurde alles übernommen, was auf dem Ölwehrfahrzeug auch mitgeführt wurde, plus alle Werkzeuge, die vorhin auf dem Strassenrettungsfahrzeug Platz fanden. Letzteres kam zum Einsatz, wenn Personen in Fahrzeugen eingeklemmt waren. Somit steht der «Pionier» jetzt für alles, was Spezialwerkzeuge braucht. Die beiden ausgemusterten Fahrzeuge gehen zurück zu jener Firma, die auch den neuen Lastwagen geliefert hat. So weit wie möglich wird das Material ausgebaut und die Karosserie weiterverkauft. Der alte Lastwagen wäre aber zum Beispiel für den Export aufgrund der Abgaswerte nicht mehr zugelassen. Vielleicht können einzelne Teile noch als Ersatzteile weiterverwendet werden, grundsätzlich müssen die Fahrzeuge je nach Alter aber entsorgt werden.

Fehler per Fernwarte beheben

Die Fahrzeuge der Feuerwehr Amriswil gehen immer dort in den Service, wo die Karosserie auch herkommt. Im Fall der Lastwagen zu Scania. Die Feuerwehr-Ausstattung wird von der Herstellungsfirma unterhalten. Auch hier macht sich die technische Entwicklung bemerkbar. So kann vieles digital per Fernwarte diagnostiziert werden, ohne dass ein Servicefachmann vor Ort kommen muss.

Mit Wasser durch Beton

Zwar ist das Pionierfahrzeug kein Löschfahrzeug, es führt aber zwei Löschsysteme mit. Bei der sogenannten «Coldcut Cobra-Schneidlöschtechnik» wird dem Löschwasser über eine spezielle Düse unter hohem Druck (mehr als 250 bar) ein Schneidmittel zugesetzt, mit dessen Hilfe der Wasserstrahl in kürzester Zeit durch alle bekannten Baumaterialien schneidet. Dies ermöglicht eine sichere Brand- und Rauchgasbekämpfung von der Aussenseite des Brandobjektes. Da die Öffnung so klein ist, dringt kein Sauerstoff von aussen zum Feuer vor, wodurch die Löschwirkung in dem Bereich massgeblich erhöht wird. Daneben führt das neue Fahrzeug ein Akkulöschsystem mit, mit dem ein Brand in einer Autobatterie gelöscht werden kann.

Lernfahrten mit dem Feuerwehrauto

Mit der Zusammenlegung gibt es einen weiteren grossen Vorteil für die Feuerwehr Amriswil. Weniger Einsatzfahrzeuge bedeuten weniger Chauffeure. Nicht jeder, der in der freiwilligen Feuerwehr mitwirkt kann Lastwagen fahren. Zwar bietet die Feuerwehr die Lastwagenprüfung Kategorie c1 118 an, mit welcher ausschliesslich Feuerwehrlastwagen gefahren werden dürfen, dennoch haben sich längst nicht alle für diese Prüfung entschieden. Als Fahrschulfahrzeug dient das neue Pionierfahrzeug, das zu diesem Zweck mit Pedalen auf der Beifahrerseite ausgestattet werden kann. Also auch ein Feuerwehrauto mit einem L hinten dran ist zwar aussergewöhnlich, aber nicht unüblich.

Was kommt mit, was bleibt im Depot?

Trotz neuester Technik war die Fusion von zwei Fahrzeugen nicht ganz einfach. So gibt es jetzt bei jedem Einsatz Material, das nicht mitgefahren werden muss. Mit den mobilen Modulwagen wird je nach Vorfall entschieden, was zusätzlich mitkommt. Geht es zum Beispiel um das Auspumpen eines Kellers wird das Lichtmaterial nicht zwingend gebraucht, also bleibt dieses im Depot. Geht es zu einem Autounfall, werden die Wassersauger nicht benötigt, also bleiben diese zurück.